Kleinkriminelle und andere
Aus den Ratsprotokollen der Stadt Meschede

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Anno 1661
Auch im Sauerland, konkret in Meschede, gab es nicht nur prominente Persönlichkeiten, sondern leider auch berühmt-berüchtigte Kleinkriminelle, die sich mit besonderer Raffinesse einer drohenden Strafe zu entziehen suchten. Aus den Rats- und Gerichtsprotokollen der Stadt Meschede ist uns ein Beispiel erhalten, wonach es von Februar 1661 bis April desselben Jahres in Meschede nur ein Thema gab: Der Schweinediebstahl, den Caspar Ordtmann (genannt Vogel) am 16.02. zur Anzeige brachte. Was genau war geschehen?
Ihm sei ein wohlgenährtes Schwein auf dem Weg vom Stall zur Weide im Wald verloren gegangen. Der Bestohlene vermutete, dass sich das Schwein noch innerhalb Meschedes befinde, woraufhin Bürgermeister und Rat Hausdurchsuchungen in diesem Gebiet anordneten. Im Haus des Caspar Frevel (genannt Künne) konnte das Schwein eindeutig identifiziert werden, allerdings „…mitten entzwei, auch die Schinken und Füße davon abgeschnitten, jedoch der Kopf noch ganz am Vorderteil“. Der des Schweinediebstahls verdächtigte Frevel entzog sich seiner Verhaftung durch Flucht, wobei er die Verfolger mit einem Messer bedrohte.
Nachdem der bestohlene Ordtmann einen ganzen Goldthaler beim Rat hinterlegt hatte (Ordnung muss sein, und der Rat hatte deswegen schon einen halben Tag tagen müssen), kam es am 15.3.1661 zu einer Gerichtsverhandlung unter Vorsitz des kurfürstlichen Richters, unterstützt von zwei Schöffen, dem Bürgermeister und einem Ratsmitglied der Freiheit Meschede. Der Beschuldigte erschien nicht, wurde aber von seinem Bruder Ferdinand vertreten, der den Sachverhalt etwas anders schilderte: Bruder Caspar sei von dem rasenden Schwein überrascht worden und habe in äußerster Notwehr mit einer Axt (die zufällig gerade in der guten Stube herumlag) den eigenen sicheren Tod abwehren können. Vorsatz scheide damit schon mal aus, das Schwein sei ja zufällig in sein Haus gekommen und habe den armen Mann zu Tode erschreckt.
Das Gericht folgte dieser Darstellung nur bedingt, führte aber den guten Leumund, bisherige Straffreiheit und die Aussicht auf Besserung für den Angeklagten an (= die „gute Sozialprognose“ ist keine Erfindung der Neuzeit!) und verurteilte ihn zu elf Tagen Haft, der Kostenübernahme des Verfahrens und aller dem Ordtmann entstandenen Kosten.
Nach Verbüßung der Haftstrafe wurde der Prozess am 29.04.1661 beendet und zu den Akten gelegt.
Text: Sabina Butz